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Wofür ein „Vielfaltstableau“? – Unser Beitrag zur Inklusion

Inklusion als große gesellschaftliche Gestaltungsaufgabe ist aus dem Bildungsbereich nicht mehr wegzudenken. Die in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschriebene Grundidee der echten gesellschaftlichen Teilhabe aller Menschen, unabhängig von ihren Voraussetzungen und Möglichkeiten ist mehr als überfällig. Nach der Ratifizierung der Konvention werden die politischen Forderungen nach Umsetzung dieser Idee immer lauter, treffen allerdings im Bildungsbereich auf Systeme, die traditionell auf Homogenisierung und Selektion ausgerichtet sind. Der produktive Umgang mit Vielfalt ist in Deutschland noch keineswegs der Normalfall; vielmehr braucht es einen professionell unterstützten, verantwortungsbewusst und kritisch-reflexiv gestalteten Umwandlungsprozess. Lehrerinnen und Lehrer, pädagogische Fachkräfte, Kommunen, Eltern und Kinder stehen aktuell vor vielen Fragen und Herausforderungen, für die Antworten und Lösungen gefunden werden müssen. Damit Inklusion gelingen kann, gilt es viele verschiedene Faktoren zu bedenken und umzusetzen. Diese können für jedes Kind und jeden Jugendlichen – mit oder ohne diagnostizierten Förderbedarf – sehr unterschiedlich aussehen.

Das Vielfaltstableau möchte alle am Inklusionsprozess Beteiligten dafür sensibilisieren, wie breit gefächert die inklusive Umsetzung der Kernidee der echten Teilhabe in Bildungseinrichtungen gedacht werden muss. Anhand von zahlreichen Fallbeispielen gibt das Vielfaltstableau Anregungen, Inklusion – anders als in der derzeitigen Diskussion üblich – aus der Perspektive des Kindes zu betrachten und von hier aus relevante Aspekte zu identifizieren, die bei der persönlichen und schulischen Entwicklungsbegleitung für die jeweiligen Kinder und Jugendlichen bedacht werden müssen. Von dieser Basis aus können dann grundlegende Innovations- und Veränderungsprozesse bestehender Systeme und pädagogischer Handlungspraktiken vorgenommen werden.

Auf der Startseite des Vielfaltstableaus finden Sie in Form ringbuchartiger Dossiers eine große Auswahl an Fallbeispielen vor, die Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters und Geschlechts sowie mit oder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf portraitieren. Jeder „Fall“ wurde unter Beachtung fachwissenschaftlicher Standards und auf der Basis langjähriger Berufserfahrungen der jeweiligen Fallgeberin der Autorengruppe „Vielfaltstableau“ entwickelt.

Die einzelnen Dossiers sind mit einem Namen, einem Foto, dem Alter und einem ausgewählten Zitat aus dem Umfeld des portraitierten Kindes oder Jugendlichen versehen. Selbstverständlich wurden aus Datenschutzgründen alle Fälle des Vielfaltstableaus vollständig anonymisiert.

Jedes Dossier beinhaltet relevante fallbezogene Informationen. So wird zunächst die Ausgangslage (Interessen, Bedürfnisse, vorliegende Diagnosen, bisherige Bildungsbiografie) eines jeden Einzelnen beschrieben. In einem weiteren Schritt finden Sie Auskünfte zum sozialen Umfeld (Familie, Peers, Kita, Schule). In Form von Fragen und Impulsen werden Sie angeregt, eine gründliche, ressourcenorientierte Kind-Umfeld-Analyse durchzuführen und auf dieser Basis Möglichkeiten einer professionellen Entwicklungsbegleitung auszuloten und in der Arbeitsgruppe zu diskutieren.

Beim weiteren „Durchblättern“ des Dossiers finden sich Anregungen zu Überlegungen hinsichtlich erforderlicher professioneller Kompetenzen, die ggf. in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen erworben oder durch Kooperation mit entsprechenden Expertinnen und Experten eingebracht werden müssten, um das portraitierte Kind optimal begleiten und fördern zu können. Ebenso finden Sie mögliche Ansprechpartner:innen und spezifische Fachliteratur. Bei der Erarbeitung möglicher Förderkonzepte geht es nicht um rezeptartige „Fertiglösungen“, sondern vielmehr um die Formulierung klärungsbedürftiger Fragen und eine Sensibilisierung für den Prozesscharakter inklusiver Bildungsbegleitung.

In erster Linie ist das Vielfaltstableau für die Aus- und Weiterbildung in multiprofessionell zusammengesetzten Arbeitsgruppen und Teams gedacht. Es lässt sich aber auch in kollegiumsinternen Fortbildungen, in der Ausbildung von pädagogischen Fachkräften und in der ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung einsetzen, und hier insbesondere in Seminarveranstaltungen mit Diagnose- und Förderschwerpunkt sowie in Veranstaltungen zum pädagogischen Umgang mit Heterogenität. Des Weiteren bietet das Vielfaltstableau interessierten Pädagoginnen und Pädagogen sowie Eltern eine Struktur, anhand derer Faktoren und Schritte gewonnen werden können, um Kinder und Jugendliche in ihrer individuellen Entwicklung zu unterstützen.